BgR-Veranstaltungsreihe Sommer 2020

Gemeinsam mit den Bündnismitglied KURVE Wustrow und dem Nachbarbündnis „Aktionsbündnis Solidarisches Salzwedel“ führen wir zwischen dem 19. Juni und dem 10. Juli drei Online-Veranstaltungen durch, die sich mit Verschwörungstheorien, der Neuen Rechten und Handlungsoptionen beschäftigen. Hier gibt es alle Informationen!

Termine und Zeiten:

  • Freitag, 19.06.2020, 19:30 Uhr – Link zum Video der Veranstaltung: „Fake Facts
  • Mittwoch, 24.06.2020, 19:30 Uhr – Link zum Video der Veranstaltung: „Neue Rechte
  • Freitag, 10.07.2020, 19:30 Uhr – Link zum Video der Veranstaltung: „Wirksame Bündnisarbeit

Online-Teilnahme:

Alle Veranstaltungen werden online auf Vimeo gestreamt (und sind dort später als Video zu finden). Eine Anmeldung ist nicht nötig.

Der Link zum Vimeo-Kanal ist hier: Schöner leben ohne Verschwörungstheorien (hier wird es auch möglich sein, während der Sendung über das Chat-Fenster Fragen zu stellen).

Live-Teilnahme:

Die Teilnahme im Garten der KURVE Wustrow wird durch die Auflagen zum Infektionsschutz nur für eine begrenzte Anzahl von Personen möglich sein. Alle Teilnehmenden müssen sich am Einlass mit ihren Kontaktdaten in eine Anwesenheitsliste eintragen. Wer dabei sein möchte, komme bitte frühzeitig: wenn alle Plätze belegt sind, wird der Einlass geschlossen.

Infos zu den Veranstaltungen:

Freitag, 19. Juni 19:30 Uhr: Fake Facts – Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen
Katharina Nocun, Mitautorin des gleichnamigen Buches, beleuchtet die psychologischen Hintergründe von Verschwörungserzählungen, von Realitätsverlust und gefährlichem Radikalisierungspotential, sowie die Rolle der Neuen Medien darin. Sie gibt Anregungen, wie wir uns vor verdrehten Fakten und Meinungsmache schützen und Verschwörungsgläubigen begegnen können.

Mittwoch, 24. Juni 19:30 Uhr – Wie mächtig ist die Neue Rechte und was können wir tun?
Andreas Speit wird darüber berichten, inwieweit die Neue Rechte an den gegenwärtigen Diskurs anknüpft und ihn für sich nutzt. Er zeigt auf, wie und welche Allianzen entstehen und warum Verschwörungsmythen in Deutschland eine lange Geschichte haben.

Freitag, 10. Juli 19:30 Uhr – Wirksame Bündnisarbeit: Initiativen gegen Rechts stellen sich vor
In dieser Podiumsdiskussion wird es um Handlungsstrategien und erfolgreiche Bündnisarbeit gehen. Eingeladen sind Vertreter*innen verschiedener Initiativen gegen Rechts aus den benachbarten Regionen. Der Austausch über Beispiele erfolgreicher Organisierung und Aktionen soll Mut machen selbst aktiv zu werden, um eine solidarische Zukunft greifbar zu machen.

Mehr Infos zu verschiedenen regionalen Bündnissen siehe unter den Links.

Spenden:

Die Veranstaltungsreihe wird finanziell unterstützt durch das Niedersächsische Landesdemokratiezentrum mit Mitteln aus dem Programm „Demokratie leben!“.

Da hieraus nicht die gesamten Kosten gedeckt werden können, bitten wir um Spenden, denn sowohl die Arbeit des Bündnis gegen Rechts Wendland / Altmark als auch die Bewegungsarbeit der KURVE Wustrow leben davon.

Spenden sind über das Onlineformular möglich oder bei Teilnahme an der Liveveranstaltung über die Spendendose.

Warum und wozu laden wir ein?

Solidarität und Aufklärung statt Verschwörungsideologien

Jeden Samstag kommen Menschen zum Demonstrieren gegen die Corona-Beschränkungen zusammen. Erstmals finden die Demonstrationen am 28. März mit Aktivist*innen von „Nicht ohne uns“ statt. Skandiert wird „Wir sind das Volk“. Viele bringen ein Grundgesetz mit und verweisen auf die Grundrechte. Inzwischen kommen regelmäßig Personen zu diesen Veranstaltungen, die unhaltbare Fake Facts oder unbewiesene Halbwahrheiten verbreiten, z.B. dass ein Impfzwang durchgesetzt würde, 5G lebensgefährlich sei, Bill Gates hinter Corona stecke oder die Behauptungen von QAnon. Längst sind die Proteste von organisierten Rechten gekapert, ohne dass sich die Protestierenden von ihnen distanzieren. Neben Mitgliedern verschiedener rechtsextremer Parteien wurden sog. Reichsbürger*innen und völkische Familien gesehen.

Sie inszenieren sich als Verfechter*innen von Grundrechten und Freiheit. Sie behaupten, das Grundgesetz sei in Deutschland außer Kraft gesetzt und fantasieren die Entstehung einer Diktatur herbei, gegen die ihr Widerstand rechtmäßig sei.

Was macht Verschwörungstheorien gefährlich?

Verschwörungstheorien schaffen ein Klima, das Selbstverantwortung, eigenständiges Denken und Solidarität schwer macht.

Sie geben einfache Erklärungen für schwer überschaubare komplexe Sachverhalte. Sie erkennen Muster und einen Plan, wo in der Realität Zufall, Inkonsistenz und Widersprüchliches zusammenkommen. Das Muster ist immer gleich: Es gäbe geheime Machtstrukturen, die die Dinge lenken und die einzelne Person zum unwissenden und ohnmächtigen Opfer machen. Denn diejenigen, die eine Verschwörungstheorie vertreten, stellen sich scheinbar mächtig den angeblichen Machtstrukturen entgegen und treten damit als Orientierung gebende Instanz auf.

Eigene fundierte Recherche, offene konträre Diskussion, Selbstverantwortung auf solidarischer Grundlage sind dadurch überflüssig und würden nur die einfache Lösung in Frage stellen.

Wer ist anfällig für Verschwörungstheorien?

Komplexe und widersprüchliche Aspekte eines Sachverhaltes nebeneinander aufzustellen und als solche stehen zu lassen sind mühevoll und anstrengend. Häufig werden Verunsicherungen und Ängste in uns angestoßen. Der Wunsch nach Kontrolle und Verantwortlichen entsteht, damit schlechte Gefühle und Überforderung kanalisiert werden können.

Viele Menschen haben in dieser Corona-Krise entweder große Angst, sich anzustecken, oder für die Ansteckung anderer – womöglich Angehörige einer Risikogruppe – verantwortlich zu werden. Behauptungen, das Covid-19-Virus sei keinesfalls so gefährlich, wie vom RKI und der Politik vertreten, bieten einfache Möglichkeiten diese Ängste zu reduzieren. Auch für die Befürchtung, im Kontaktverbot zu vereinsamen, bietet diese einfache Abwiegelung mit gleichzeitigem Ausmachen von Verantwortlichen eine schnelle Beruhigung: Ich brauche das alles nicht ernst nehmen.

Dass von Verschwörungstheoretikern gleichzeitig postuliert wird, Gegenrede und Kritik würden systematisch unterdrückt – aus heimlichen Machtinteressen von sogenannten Eliten und einem „Leitjournalismus“, öffnet dabei Tür und Tor für Verschwörungsmythen und das Ausmachen von Sündenböcken.

Schon seit Jahrhunderten werden Jüd*innen für angebliche Brunnenvergiftungen, Kindesmorde und mittelalterliche Seuchen verantwortlich gemacht. Machen die einen Corona-Leugner*innen heute Bill Gates oder Gorges Soros für die Pandemie verantwortlich, so relativieren andere den Holocaust, wenn sie sich mit gelbem Stern auf der Brust als angeblich verfolgte “Impfgegner*innen” inszenieren. Diese antisemitisch konnotierten Verschwörungsmythen bieten viele Anknüpfungspunkte für extrem Rechte.

Verschwörungsideologien sind gefährlich!

Verschwörungsmythen sind wie extrem rechte Ideologien gesellschaftlich verankert und kein Problem von vermeintlich „kranken“ Menschen oder politischen Rändern.

Historisch agierte der Nationalsozialismus mit genau solchen Mythen, um die Zustimmung in der Bevölkerung auszubauen. Nur eine gesellschaftliche Auseinandersetzung und Aufklärung kann diese stoppen. Was wir brauchen ist ein gemeinsames Einstehen für eine solidarische Verteilung von Krisenlasten und einem klaren Nein zu menschenver-achtenden, ausgrenzenden Ideologien.

Demonstrationen, auf denen Verschwörungsmythen und (extrem) rechte Ideologien und Personen Bestandteil des Protestes sind, verbreiten die gesellschaftliche Akzeptanz für Antisemitismus und Rassismus.

Außerdem werden damit Taten im Sinne dieser menschenverachtenden Welterklärungen gerechtfertigt. So waren Verschwörungswahn, rassistische und antisemitische Ideologie Antrieb und Ausgangspunkt der rechtsterroristischen Täter in Halle und Hanau.

Verschwörungsideologien sind keine legitimen politischen Erklärungsmuster, sondern höchst gefährlich. Wir rufen daher dazu auf, sich von diesen und anderen rechten Ideologien zu distanzieren und ihnen zu widersprechen.

Unsere Veranstaltungsreihe wird sich genau um diese Themen drehen. Wir freuen uns auf viele Zuhörer*innen.

Hausrecht:

Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die extrem rechten Parteien angehören, der extrem rechten Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige reaktionäre Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen. Dies gilt auch für Personen, die die geltenden Hygiene- und Abstandsvorschriften nicht einhalten und/oder diesbezüglichen Aufforderungen der Veranstaltenden nicht folgen.

Für den Livestream bedeutet dies, dass der Chat moderiert wird und wir uns vorbehalten, Beiträge zu löschen, die Hassrede beinhalten oder menschenfeindlich sind.

8. Mai – Tag der Befreiung zum Feiertag machen

Pressemitteilung des Aktionsbündnis Solidarisches Salzwedel, 06. Mai 2020

8. Mai 2020: 75 Jahre Tag der Befreiung vom Faschismus

Tag der Befreiung zum Feiertag machen – Entnazifizierung voranbringen

Vor 75 Jahren endete das nationalsozialistische Regime in Deutschland, der 8. Mai ist der Tag, der als „Tag der Befreiung vom Faschismus“ begangen wird.

Doch der Buchenwald-Schwur „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ ist auch heute noch aktuell. Die Stadtverwaltung Salzwedel hat im Januar den Gründern des rechten „Flügels“ der AfD, Björn Höcke und Andreas Kalbitz, eine Bühne im Kulturhaus geboten. Ebenfalls im Januar wurde der „Flügel“ vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft, im März folgte die Einstufung als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“.

Die innerhalb weniger Monate von Rechten begangenen Morde in Kassel, Halle, Hanau, Celle, sowie die in der weiteren Vergangenheit an vielen weiteren Orten begangenen Übergriffe und Morde sind erschütternde Tiefpunkte der zunehmenden rechten Gewalt. Während sich in der Viruskrise viele Menschen mit Risikogruppen solidarisch zeigen, gehen Rechte in Chemnitz und Dresden weiterhin auf die Straße.

Wir fordern, dass auch die Stadtverwaltung rechten Umtrieben und menschenverachtenden Haltungen Taten entgegensetzt. Zukünftiges behördliches Handeln in der Stadt Salzwedel sowie im Altmarkkreis Salzwedel sollte auf einem klaren antifaschistischen Bekenntnis beruhen. Dies bedeutet z.B., keine öffentlichen Räume für Rechtsextreme zur Verfügung zu stellen. Es bedeutet auch, dafür Sorge zu tragen, dass verletzliche Gruppen wie Geflüchtete die Möglichkeit bekommen, sich effektiv vor einer Infektion mit dem Corona-Virus zu schützen, indem sie in eigene Wohnungen ziehen können.

Damit sich Geschichte nicht wiederholt, schließen wir uns der Forderung der Holocaust-Überlebenden Esther Bejarano sowie der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund deutscher Antifaschist_innen (VVN-BdA) an, dass der 8. Mai offiziell zum Feiertag erklärt wird: damit wirklich alle „begreifen, dass der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung war, der Niederschlagung des NS-Regimes„.

In Zeiten, in denen Mörder trotz leicht zugänglicher Informationen über Verbindungen in die rechte Szene als „Einzeltäter“ dargestellt werden, Verfassungsschutzangehörige und Polizeibeamten ohne Konsequenzen Teil des rechten Netzwerks „Hannibal“ sein können und von der versprochenen „lückenlosen Aufklärung der Morde des NSU“ keine Rede sein kann, ist das Erinnern an das Ende des faschistischen Staates eine Notwendigkeit, ein Minimum und eine Aufforderung, aktiv zu bleiben. Frei nach dem Motto „Achter Mai – arbeitsfrei! Zeit für Antifaschismus!“

Das Aktionsbündnis Solidarisches Salzwedel setzt sich für ein solidarisches Miteinander und für einen respektvollen Umgang in der Stadt Salzwedel ein. Um sich an der Forderung zu beteiligen, den 8. Mai zum Feiertag zu machen, laden wir dazu ein, Blumen und Forderungen mit den Hashtags #TagDerBefreiung und #entnazifizierung an Gedenkorten abzulegen, dies zu fotografieren und die Bilder an deutschland@change.org sowie an das Aktionsbündnis Solidarisches Salzwedel zu senden: solidarischessalzwedel@riseup.net. Wir werden sie in Kooperation mit dem Bündnis gegen Rechts Wendland / Altmark auf der Webseite bündnisgegenrechtswendmark.de hochladen.

https://www.change.org/p/8-mai-zum-feiertag-machen-was-75-jahre-nach-befreiung-vom-faschismus-getan-werden-muss-tagderbefreiung-bkagvat-bundesrat

https://www.welcome-united.org/de/75-jahre-sind-nicht-genug-entnazifizierung-jetzt/

Aufruf zu einen öffentlichen Gedenkort in Lüneburg

Am Abend des 7. April 2020 wurde der 15-jährige Arkan Hussein Khalaf in Celle von einem 29-jährigen Deutschen ohne Vorwarnung angegriffen und mit einem Messer schwer verletzt. Arkan erliegt kurz darauf im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Direkt nach diesem Mord hieß
es schon, dass der Täter bei seiner Festnahme am Tatort „verwirrt“ gewesen sei und es „keinerlei Anhaltspunkte für eine ausländerfeindliche oder politisch motivierte Tat“, gäbe.

Dem „Islamischen Staat“ entkommen - hier ermordet

Arkan und seine Familie überlebten 2014 den Völkermord des
selbsternannten „Islamischen Staates“ (IS) im Sengal(Nordirak). Der IS überfiel im August 2014 die Sengal Region, ermordete über 5000 Jungen und Männer, entführte mehr als 7000 Frauen und Kinder und versklavte
zahlreiche der entführten Frauen und Mädchen. Bis heute werden tausende Menschen vermisst. Insgesamt wurden mehr als 400.000 Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. So auch Arkan und seine Familie. Über die Türkei und Griechenland können sie nach Deutschland fliehen und finden 2015
Zuflucht in Celle. In der niedersächsischen Stadt leben weitere Eziden, die vor dem Völkermord fliehen konnten.

Das Land der Einzeltäter

Anderthalb Monate nachdem ein Rassist am 19. Februar 2020 in Hanau 10 Menschen ermordete, stirbt ein 15-jähriger Geflüchteter als er mit seinem Fahrrad Abends durch die Stadt fährt. Der 29-jährige Täter, Daniel S., pflegte Online-Kontakte zu Neo-Nazis, verkehrte auf Seiten
sog. „Reichsbürger“ und beschäftigte sich mit rassistischen und antisemitischen Verschwörungstheorien. Dennoch stand für die Polizei und Staatsanwaltschaft sofort fest: Es gäbe keinen rassistischen Hintergrund.
Das Schema nach dem die Taten und Täter*innen, nach einem rassistischen Mord, bewertet wird bleibt das gleiche: verwirrt, physisch krank, kein politischer Hintergrund, Einzeltäter. Rassismus wird als Tatmotiv allzu oft gar nicht nicht erst in Betracht gezogen. Stattdessen wird die
Motivation auf eine vermeintliche psychische Auffälligkeiten des Täters geschoben. Doch Verschwörungsideologien sind nicht klinisch und wer im
Namen menschenverachtender Ideologeme handelt ist kein Einzeltäter!
Das wollen wir so nicht hinnehmen! Der psychische Zustand von Täter*innen ist nicht das Gleiche wie ihre Motive und die Polizei und Staatsanwaltschaften haben eine viel zu lange Geschichte von Vertuschungen, Falschverdächtigungen, Lügen und der Umkehr von Täter*in und Opfer.

Das Problem heißt Rassismus und ist tödlich!

Weder Daniel S. noch der Attentäter von Hanau handelten alleine. Sie handelten aus einem rassistischen gesellschaftlichen Klima heraus in welchem Geflüchtete und Migrant*innen das Recht auf (ein unversehrtes) Leben abgesprochen wird. Ein Klima welches von Parteien, allen voran der AFD, Medien wie der BILD-Zeitung und alltäglicher Hetze geschürt wird und den Nährboden für die Taten von Hanau und Celle bildet. Aus Worten werden Taten.

Es gilt jetzt, den rassistischen Hetzern auf der Straße, dem rechten Mob im Internet und allen, die die rassistische Gewalt in Deutschland verharmlosen, entgegen zu treten. Es gilt den Opfern antisemitischer und rassistischer Gewalt und ihren Angehörigen zuzuhören und sich parteilich an ihre Seite zu stellen. Daher ist es umso wichtiger, dass wir unsere Empörung sichtbar machen und unsere Trauer und Wut in die Öffentlichkeit tragen.
Gerechtigkeit für Arkan
Kein Vergeben, kein Vergessen

Rassistische Strukturen erkennen, Rassismus benennen und bekämpfen gehört zur Notwendigkeit in dieser Gesellschaft. Gerade in Zeiten der Krise erwarten Millionen Migrant*innen und Geflüchtete die gleiche Solidarität gegen Rassismus sowie ein Virus. Die Rassismus-Pandemie nimmt genauso Leben von uns wie eine Virus-Pandemie. Es ist gefährlich,
heimtückisch, hinterhältig und feige.

Traurig und wütend fühlen wir heute mit den Angehörigen des Ermordeten und stehen in diesen schweren Tagen an eurer Seite. In der Erinnerung, in eurem Schmerz sind wir vereint. Wir haben einen Bruder, einen Sohn, ein Kind verloren: Arkan Hussein Khalaf.

Er starb nicht allein, es sind hier schon viele, ganz viele zu Opfern von Rassismus gemacht worden. Diese Menschen wurden nicht nur einzeln von Rassisten und Nazis ermordet, sondern auch vom strukturellen Rassismus in dieser gesamten Gesellschaft, die diese Menschen auf dem Gewissen hat, denn sie lässt nach wie vor Rassismus geschehen.

Rassistische Motive müssen klar benannt werden. Wir sind es Arkan schuldig, seinen Namen und sein Leben nicht zu vergessen, ihn im Bewusstsein zu erhalten.

Am 7. April 2020 wurde Arkan Hussein Khalaf in Celle ermordet. Wir wollen hier in Lüneburg einen Ort des Gedenkens schaffen. Um öffentlich auf den Mord aufmerksam zu machen und um zu erinnern und anzuklagen.

Wir rufen euch dazu auf, vom 14. bis 21. April 2020 am Mahnmal für die Opfer der Faschismus an der Lindenstraße euer Gedenken, eure Wut und Trauer, euer Erinnern, eure Anteilnahme sichtbar zu machen. Ihr könnt dort z.B. Blumen niederlegen, Kerzen entzünden, Texte, Gedichte oder Briefe an die Familie verlesen und aufhängen.
Was wir dort aber nicht möchten, sind größere und länger andauernde Menschenansammlungen. Angesichts der aktuellen Situation und aus Solidarität und für die Gesundheit aller haltet dort bitte Abstand!

Bitte dokumentiert eure Beiträge und lasst sie uns zukommen, damit wir sie sammeln und veröffentlichen können. Vielen Dank.

*Gemeinsame Erklärung nach der Ermordung Arkan Hussein Khalafs in Celle

*Gemeinsame Erklärung nach der Ermordung Arkan Hussein Khalafs in Celle*

Die Ermordung des 15-jährigen Êzîden Arkan Hussein Khalaf in Celle
hinterlässt tiefen Schmerz bei der Familie, sowie bei Freund_innen und
macht viele Menschen fassungslos. Nun braucht es eine ehrliche
gesellschaftliche Aufarbeitung der brutalen Tat: „Es muss über Rassismus
und Vorurteile gesprochen werden“, fordern verschiedene Organisationen
in einer gemeinsamen Erklärung.

Arkan Hussein Khalaf wurde am Dienstagabend brutal ermordet. Aus seiner
Heimat, dem Şengal im Nordirak, flüchtete er mit seiner Familie 2014
nach dem Völkermord an den Êzîden durch den IS. Wie viele Andere suchte
er hier Schutz vor Gewalt und Verfolgung und wurde dennoch am 7. April
von einem Deutschen in Celle ermordet.

Vor diesem Hintergrund hat die Tat unvermeidbar eine politische
Dimension. Sie erinnert an weitere Morde an Menschen mit migrantischem
Hintergrund. Genau deshalb muss in dieser Situation über Rassismus als
eine Motivation für diese tödliche Gewalt gesprochen werden. Auch wenn
es bislang keine Erkenntnisse dafür gibt, dass der Täter Daniel S. ein
organisierter Neonazi war, ist klar, dass er sich zumindest im Internet
mit rassistischen und antisemitischen Gedanken umgeben hat. Unter seinen
Facebook-Freund_innen befinden sich unter anderem auch Neonazis. Dies
bestätigten Recherchen von Zeit Online, die am Donnerstag veröffentlicht
wurden. Ähnlich wie bei den rassistisch motivierten Morden in Hanau wird
bei dem Täter eine Mischung aus rechter Ideologie und
Verschwörungstheorien erkennbar.

Täter rassistischer Verbrechen legitimieren ihre Gewalt, sie suchen
Schuld für gesellschaftliche Missstände bei „den Anderen“. Sie sehen
sich selbst dazu befugt, mit Gewalt oder Mord zu richten.
Gesellschaftliche Debatten, in denen beispielsweise Geflüchtete für
Probleme verantwortlich gemacht werden, geben den Tätern die
Rechtfertigung dazu. Rassismus ist ein tief sitzendes Problem in unserer
Gesellschaft. Rassismus fördert Ungleichbehandlung, Gewalt und Morde.
Rassismus wird von vielen geschürt, verbreitet und geduldet. Am selben
Tag, an dem Arkan Hussein Khalaf ermordet wurde, wurde ein Geflüchteter
aus Syrien in den Medien stellvertretend als Sündenbock für alle
dargestellt, die sich nicht an die Corona-Kontaktbeschränkungen halten.
So etwas ist keine Ausnahme, sondern alltäglich.
Nachdem die Meldung vom Mord in Celle veröffentlicht wurde, vermuteten
Kommentar-Schreiber sofort einen „Gast“ als Täter. Nach Meldung einer
deutschen Staatsangehörigkeit wurde sofort nach dem Vornamen gefragt,
erst dann könne man sagen, ob es wirklich ein Deutscher war. Diese
Erwartungen in den Köpfen sind Rassismus.

Die Staatsanwaltschaft vermutet psychische Erkrankungen des Täters
Daniel S. Wir halten es für einen Fehler mit diesem Verweis vorschnell
einen möglichen rassistischen Hintergrund kleinzureden. Psychische
Erkrankungen sind kein Widerspruch für ideologische Motive.
In dieser Situation braucht es mehr denn je klare Statements aus Politik
und Gesellschaft: gegen Gewalt, gegen Mord und gegen Rassismus. Es
braucht klare Zeichen der Solidarität an die Familie und die Bekannten.
Und es braucht Einschreiten statt Zusehen, sowie ein klares Bekenntnis
zu einer Stadt, in der es keinen Platz für Rassismus und Ausgrenzung
gibt – ein Bekenntnis zu einem gleichberechtigten Miteinander. Wir
fordern eine gesellschaftliche Aufarbeitung der mörderischen Gewalttat
und machen hiermit einen ersten Schritt, indem wir als Organisationen
und Initiativen gemeinsam dazu aufrufen.

Unsere Gedanken sind bei der Familie von Arkan Hussein Khalaf, der wir
in diesem Moment und für die kommende Zeit unser Beileid und viel Kraft
senden.


Êzîdischer Frauenverein „Hêvî – Hilfe für Frauen in Not“
Êzîdischer Frauendachverband SMJÊ
NAV-YEK Zentralverband der Êzîdischen Vereine e.V.
MŞD – Rat der Êzîden aus Şengal in Europa,
MCÊ Mala Êzîdiya Celle/Êzîdisches Kulturzentrum Celle e.V.
HCÊ Bündnis der Êzîdischen Jugend e.V.
VVN-BdA Celle
Buntes Haus Celle
Gemeinsam Kämpfen Celle
Antifaschistische Linke Celle
Fridays for Future Celle
Celler Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus
 

Celle, den 10. April 2020

PM: Erfolgreiche Proteste gegen Höcke und Co. am 24.01.

„Alle zusammen gegen den Faschismus“

Erfolgreiche Proteste gegen die AfD-Veranstaltung mit Höcke und Kalbitz in Salzwedel

Aktionsbündnis solidarisches Salzwedel zieht Bilanz: über 1500 Menschen demonstrieren gemeinsam gegen Faschismus

An der breiten Bündnisdemonstration vom Bahnhof zum Veranstaltungsort der AfD beteiligten sich am Freitag etwa 1300 Menschen aus unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen von jung bis alt. Der Demonstrationszug mündete in vier Aktionspunkte rund um das Kulturhaus. Bei Musik, Redebeiträgen, Essen und warmen Getränken schlossen sich noch zahlreiche weitere Menschen dem Protest an. Eine angemeldete Benefiz-Fahrraddemo fuhr 20 Runden um das Kulturhaus, mit dem Ziel Spenden für das Begegnungscafé für Geflüchtete „eXchange“ zu sammeln.

In der Altperverstraße / Am Chüdenwall bildete sich zudem eine Spontanversammlung. Die Anreise der AfD-Redner und damit der Veranstaltungsbeginn verzögerten sich durch die blockierte Straße um etwa 45 Minuten.

Kritik gibt es am Polizeieinsatz: Durch Polizeisperren wurde die Fahrrademo über eine Stunde an der Abfahrt gehindert. Auch beklagten zahlreiche Gegendemonstrierende, dass sie nicht zu angemeldeten Versammlungsorten durchgelassen wurden. Den Organisator*innen wurde darüber hinaus von einigen Demonstrierenden von unverhältnismäßigen Polizeimaßnahmen in der Altperverstraße berichtet.

Das Aktionsbündnis kritisiert nochmals die Stadtverwaltung, die das Kulturhaus an die rechtsextreme AfD vermietet hat. Wie bereits im vergangenen Jahr wurden Menschen von der AfD willkürlich am Einlass gehindert. Auch Pressevertreter*innen wurden an ihrer Arbeit gehindert. Wo die demokratische Öffentlichkeit ausgeschlossen und faschistische Redner hetzen können, ist die Stadtverwaltung ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden. Selbst als bekannt wurde, dass Höcke und Kalbitz reden sollen, hat die Stadt keine Anstrengungen unternommen, das Mietverhältnis wieder aufzukündigen.

Das breite zivilgesellschaftliche Bündnis aus Salzwedel und Umgebung machte heute jedoch lautstark deutlich, dass rechte Hetzte und Faschismus weder in Salzwedel noch irgendwo anders toleriert werden dürfen. Die Sprecher*innen des Aktionsbündnisses: „Wir vom Aktionsbündnis Solidarisches Salzwedel werten den Protest als vollen Erfolg und bedanken sich bei allen Unterstützer*innen und Teilnehmenden!“.

Für Rückfragen stehen wir gerne unter solidarischessalzwedel@riseup.net zur Verfügung.

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